Aerodynamische Effekte am Deltaflügel
Im folgenden soll, auf das wesentliche beschränkt, die Umströmung des Deltaflügels
und die dabei auftretenden Phänomene beschrieben werden. Neben den aerodynamischen
Aspekten werden weiterhin die flugmechanischen Belange der Längsbewegung (Neutralpunkt /
Schwerpunkt) als auch Effekte in der Seitenbewegung (Schiebeflug) betrachtet.
Dazu werden anhand konkreter Beispiele die aerodynamischen Eigenschaften dreidimensionaler
Delta Geometrien beschrieben. Die hier dargestellten Ergebnisse.wurden mit einem
Rechenprogramm zur Lösung der dreidimensionalen-Eulergleichungen ermittelt.
Allgemeine Beschreibung der Umströmung
Bei einem Deltaflügel handelt es sich um eine Dreiecksfläche, bei die Flügeltiefe an
der Wurzel in etwa gleich der Spannweite ist. Es handelt sich um einen Flügel kleiner
Streckung. Im Gegensatz zum Flügel grosser Streckung, dessen Umströmung im wesentlichen
zweidimensional erfolgt, treten bei einem Delta zusätzlich starke seitliche
Strömungsablenkungen auf. Das nebenstehende Bild zeigt den Stromlinienverlauf um
einen schwach angestellten Deltaflügel (alfa=5°). Es wird der Stromlinienverlauf nahe
der Kontur (blau) und etwas weiter darüber (rot) dargestellt. Weiterhin ist auf der
Oberfläche der lokale Druckbeiwert (cp) aufgetragen, hierbei entspricht die Farbe blau einem
niedrigen - rot einem hohen Druck .
In dieser Ansicht erkennt man gut die lokal unterschiedliche, seitliche Ablenkung der
Stromlinien, wie folgt:
- Vor der Nasenleiste (Staupunkt) wird die Strömung nach aussen
abgedrängt.
- Im Nasen-Bereich wird die Stromlinie extrem nach innen gekrümmt, diese Ablenkung
wird dann, aufgrund der lokalen Druckdifferenzen, bis ca. 20 Prozent der Flügeltiefe
wieder abgebaut.
- Im hinteren Flügel-Bereich wird die Strömung dann wieder nach aussen
abgedrägt.
Diese seitlichen Verdrängungseffekte sind umso stärker, je näher man sich der Oberfläche
des Flüges annähert.
Aufgrund der unterschiedlichen seitlichen Ablenkungen in verschiedenen Höhen über
dem Flügel kommt es daher zu einer Überkreuzung der Stromlinien, es entsteht hinter dem
Flügel eine Ebene aus nebeneinander liegenden Wirbeln.
Mit zunehmendem Anstellwinkel ist dieser Effekt immer stärker ausgeprägt, die einzelnen
Wirbel rollen sich zu einem einzelnen starken Wirbelsystem auf, der sogenannte
Deltawirbel entsteht.
In den folgenden beiden Abbildungen wird das Strömungsbild bei einem Anstellwinkel
von 30° gezeigt, hier ist das ausgeprägte Wirbelsystem gut erkennbar. Der Staupunkt ist nun
erheblich weiter auf die Flügelunterseite gewandert, die Krümmung der Stromlinien
hat deutlich zugenommen.
Im linken Bild sind zusätzlich Oberflächenstromlinien (schwarz) eingezeichnet. Hier ist
deutlich sichtbar, welche lokalen Strömungsrichtungen durch den Deltawirbel induziert werden.
Weiterhin erkennt man kurz hinter der Nasenleiste eine sogenannte Ablöselinie am Außenflügel.
Hier trifft die, durch das Wirbelsystem wieder nach vorne umgelenkte Strömung auf die von
vorne eintreffende freie Anströmung.
Das Resultat ist eine Strömungsablösung! Diese Ablösung entsteht aber nicht wie am
gestreckten Flügel aufgrund einer ungünstigen Geschwindigkeitsverteilung innerhalb
der Grenzschicht, sondern durch das Aufeinandertreffen
zweier Strömungen aus unterschiedlichen Richtungen. Dieser Vorgang ist typisch
für den Deltaflügel.
Nebenstehend ist noch einmal im Detail die Ablöselinie dargestellt.
Fazit:
Der Auftrieb eines Deltas wird wesentlich bestimmt von der Stärke des induzierten
Wirbelsystems. Dieses Wirbelsystem führt, ab einem gewissen Anstellwinkel, zu einer
Strömungsablösung längs einer Linie (Ablöselinie),ohne daß jedoch der Auftrieb einbricht!!!
Erst bei wesentlich höheren Anstellwinkeln können diese Wirbel nicht mehr aufrechterhalten
werden und platzen auf. Dann erst tritt ein merklich Auftriebsverlust ein. Mit entsprechenden
Maßnahmen (z.B. Strakes) kann dieses Wirbelplatzen zu größeren Anstellwinkeln hin
verschoben werden.
Um dies zu verdeutlichen wird in folgender Skizze der Auftriebsanstieg eines normalen
gestreckten Flügels mit dem eines Deltas verglichen:
- Offensichtlich ist sowohl der maximale Auftrieb, als auch der Auftriebsanstieg
(über Anstellwinkel) am gestreckten Flügel wesentlich grösser als am Deltaflügel.
- Der zum max. Auftrieb zugehörige Anstellwinkel liegt beim Delta wesentlich höher.
- Nach Erreichen des Maximalauftriebes ist der Einbruch, bei weiterer Anstellwinkelerhöhung,
am gestreckten Flügel erheblich stärker als am Delta.
Aufgrund dieser aerodynamischen Vorgänge ist ein Delta erheblich besser geeignet
(sehr)große Anstellwinkel zu fliegen. Insbesondere ist zu erwarten, dass der Übergang in
den poststall Bereich wesentlich störungsfreier zu bewerkstelligen ist als mit einem Flügel
grosser Streckung.
Allerdings ist die Widerstandbilanz eines solchen Deltaflügels, aufgrund der erzeugten
Turbulenz (=Energiverlust) erheblich schlechter im Vergleich zu einem gestreckten
Flügel!!!
Die Längsstabilität - oder wo gehört der Schwerpunkt hin ???
Will man so etwas nicht nur rechnen, sondern auch fliegen, so stellt sich ziemlich schnell
die Frage - wo soll der Schwerpunkt hin, damit das Gerät auch anständig fliegt?
Damit ist in der Regel das Nickverhalten des Fluggerätes um seine Querachse gemeint,
anschaulich mit einem Kopfnicken zu vergleichen.
Der Flieger soll sich also ruhig und gedämpft um seine Querachse bewegen und dem
Höhenruderausschlägen folgen. Tut man nichts, so sollte die Fluglage sich auch nicht ändern.
Um das zu erreichen, stellt man die Forderung nach einem stabilen Längsverhalten.
Konkret bedeutet dies, dass nach einer Auslenkung, oder einer Richtungsänderung der Anströung
ein Nickmoment wirkt, welches der Störung entgegen wirkt. Dies erreicht man, indem der
Massenschwerpunkt des Flugzeuges vor den sogenannten aerodynamischen Neutralpunkt
gelegt wird.
Der aerodynamische Neutralpunkt wird dabei wie folgt definiert:
Ändert sich der Anstellwinkel eines Flugzeuges, so gibt es einen gedachten
Kraftangriffspunkt, den Neutralpunkt, um den das resultierende aerodynamische
Nickmoment konstant bleibt.
Betrachtet man nun den Vorgang einer Anstellwinkeländerung im Detail, so passiert folgendes:
- Die Nase des Fliegers geht selbstständig hoch, oder die Richtung der Anströmung verändert
sich.
- Der Flügel produziert daher mehr Auftrieb.
- Sitzt man nun gedanklich im Schwerpunkt des Fliegers, der vor dem Neutralpunkt
liegt, so wirkt die zusätzliche Auftriebskraft dahinter.
- Der erhöhte Auftrieb bewirkt jetzt also ein abwärts gerichtetes Nickmoment.
- Dieses Moment ändert nun die Fluglage entgegen der ursprünglichen Störung, die Nase kommt wieder runter, bzw.
dreht sich in die Strömung.
Im anderen Fall, der Schwerpunkt sei hinter den Neutralpunkt, destabilisiert der zusätzliche
Auftrieb und die Fluglage wird schlagartig unkontrollierbar.
Insoweit ist also nun der Zusammenhang zwischen dem aerodynamischen Neutralpunkt (N)und
dem Massen-Schwerpunkt (SWP) geklärt. Man achte also auf eine ausreichende Vorlage des Schwerpunktes,
diese wird durch das sogenannte Stabilitätsmaß definiert. Dabei wird lediglich dieser Abstand
(zwischen SWP und N) geteilt durch die mittlere Flügeltiefe. Somit entsteht eine dimensionslose Zahl,
(z.B 0.1=10%) , welche das Stabilitätsmaß beschreibt. Hier sind Werte zwischen 5% und 10% üblich,
je nach gewünschter Agilität der Gerätes. Je kleiner das Stabilitätsmaß desto weniger
Ruderausschlag ist erforderlich um eine Lageänderung zu erzielen.
Somit verbleibt noch die Aufgabe die korrekte Position des Neutralpunktes zu ermitteln !!!
Hierzu wird meistens eine grafische Methode verwendet, basierend auf einer t/4-Linien Konstruktion.
Methode nach Franz Leisten 1972 !!!
www.pibros.de
Beim Einsatz eines Rechenverfahrens, welches Auftrieb- und Nickmomenten-Beiwerte ermittelt, ist die direkte Bestimmung
des Neutralpunktlage wie folgt möglich:
X-Koordinate der Neuralpunktes:
Nickmoment im Neutralpunkt:
Im Gegensatz zur grafischen Methode wird hierbei nicht nur die projezierte Fläche (Ansicht von oben)
betrachtet, sondern die volle dreidimensionale Aerodynamik, je nach Qualität des Rechenverfahrens berücksichtigt.
Dies führt bei Konfigurationen mit ausgeprägten dreidimensionalen Strömungseffekten zu anderen
Ergebnissen:
Nachfolgend wird die Neutralpunktlage an einem Delta mit Winglets bestimmt. Die Abbildung zeigt die Verteilung der
Oberflächendrücke (rot=hoher Druck / blau=niedrig).
Die Rechnung wurde bei einem Anstellwinkel von 5 Grad und einem Schiebewinkel von 4 Grad durchgeführt.
Deutlich ist die Induktion der Wingletzirkulation auf den Flügel zu erkennen, dies geschieht aufgrund des
Schiebewinkels assymmetrisch.
Die Auswertung ergibt eine Neutralpunktlage von XN= 0.0305m = 3.05cm, wobei der Nullpunkt bei 50% Wurzeltiefe
angeordnet ist. Der Neutralpunkt liegt also 3.05 cm hinter der Flügelmitte. Mit Hilfe der grafischen
Methode wird für diese Flügelform eine Neutralpunktlage von XN= -0.04 m ermittelt, also vor der Flügelmitte.
Der Unterschied von ca. 7cm stellt entspricht hier einem Stabilitätsmaß von 14%.. In Anbetracht der
Einfachheit der grafischen Methode und der für diesem Fall sehr ungünstigen Konfiguration ein akzeptables Ergebnis.
Kennt man diesen Zusammenhang und legt nun den Schwerpunkt in den mit Hilfe der Grafischen Methode ermittelten "Neutralpunkt"
so erhält man auf Anhieb ein gut fliegbares Gerät, was die Erfahrung auch bestätigt.