Aerodynamische Effekte am Deltaflügel

Im folgenden soll, auf das wesentliche beschränkt, die Umströmung des Deltaflügels und die dabei auftretenden Phänomene beschrieben werden. Neben den aerodynamischen Aspekten werden weiterhin die flugmechanischen Belange der Längsbewegung (Neutralpunkt / Schwerpunkt) als auch Effekte in der Seitenbewegung (Schiebeflug) betrachtet. Dazu werden anhand konkreter Beispiele die aerodynamischen Eigenschaften dreidimensionaler Delta Geometrien beschrieben. Die hier dargestellten Ergebnisse.wurden mit einem Rechenprogramm zur Lösung der dreidimensionalen-Eulergleichungen ermittelt.

Allgemeine Beschreibung der Umströmung

Bei einem Deltaflügel handelt es sich um eine Dreiecksfläche, bei die Flügeltiefe an der Wurzel in etwa gleich der Spannweite ist. Es handelt sich um einen Flügel kleiner Streckung. Im Gegensatz zum Flügel grosser Streckung, dessen Umströmung im wesentlichen zweidimensional erfolgt, treten bei einem Delta zusätzlich starke seitliche Strömungsablenkungen auf. Das nebenstehende Bild zeigt den Stromlinienverlauf um einen schwach angestellten Deltaflügel (alfa=5°). Es wird der Stromlinienverlauf nahe der Kontur (blau) und etwas weiter darüber (rot) dargestellt. Weiterhin ist auf der Oberfläche der lokale Druckbeiwert (cp) aufgetragen, hierbei entspricht die Farbe blau einem niedrigen - rot einem hohen Druck .

In dieser Ansicht erkennt man gut die lokal unterschiedliche, seitliche Ablenkung der Stromlinien, wie folgt:

Diese seitlichen Verdrängungseffekte sind umso stärker, je näher man sich der Oberfläche des Flüges annähert. Aufgrund der unterschiedlichen seitlichen Ablenkungen in verschiedenen Höhen über dem Flügel kommt es daher zu einer Überkreuzung der Stromlinien, es entsteht hinter dem Flügel eine Ebene aus nebeneinander liegenden Wirbeln. Mit zunehmendem Anstellwinkel ist dieser Effekt immer stärker ausgeprägt, die einzelnen Wirbel rollen sich zu einem einzelnen starken Wirbelsystem auf, der sogenannte Deltawirbel entsteht.


In den folgenden beiden Abbildungen wird das Strömungsbild bei einem Anstellwinkel von 30° gezeigt, hier ist das ausgeprägte Wirbelsystem gut erkennbar. Der Staupunkt ist nun erheblich weiter auf die Flügelunterseite gewandert, die Krümmung der Stromlinien hat deutlich zugenommen.

Im linken Bild sind zusätzlich Oberflächenstromlinien (schwarz) eingezeichnet. Hier ist deutlich sichtbar, welche lokalen Strömungsrichtungen durch den Deltawirbel induziert werden. Weiterhin erkennt man kurz hinter der Nasenleiste eine sogenannte Ablöselinie am Außenflügel. Hier trifft die, durch das Wirbelsystem wieder nach vorne umgelenkte Strömung auf die von vorne eintreffende freie Anströmung. Das Resultat ist eine Strömungsablösung! Diese Ablösung entsteht aber nicht wie am gestreckten Flügel aufgrund einer ungünstigen Geschwindigkeitsverteilung innerhalb der Grenzschicht, sondern durch das Aufeinandertreffen zweier Strömungen aus unterschiedlichen Richtungen. Dieser Vorgang ist typisch für den Deltaflügel.

Nebenstehend ist noch einmal im Detail die Ablöselinie dargestellt.
Fazit:
Der Auftrieb eines Deltas wird wesentlich bestimmt von der Stärke des induzierten Wirbelsystems. Dieses Wirbelsystem führt, ab einem gewissen Anstellwinkel, zu einer Strömungsablösung längs einer Linie (Ablöselinie),ohne daß jedoch der Auftrieb einbricht!!! Erst bei wesentlich höheren Anstellwinkeln können diese Wirbel nicht mehr aufrechterhalten werden und platzen auf. Dann erst tritt ein merklich Auftriebsverlust ein. Mit entsprechenden Maßnahmen (z.B. Strakes) kann dieses Wirbelplatzen zu größeren Anstellwinkeln hin verschoben werden.

Um dies zu verdeutlichen wird in folgender Skizze der Auftriebsanstieg eines normalen gestreckten Flügels mit dem eines Deltas verglichen:


Aufgrund dieser aerodynamischen Vorgänge ist ein Delta erheblich besser geeignet (sehr)große Anstellwinkel zu fliegen. Insbesondere ist zu erwarten, dass der Übergang in den poststall Bereich wesentlich störungsfreier zu bewerkstelligen ist als mit einem Flügel grosser Streckung. Allerdings ist die Widerstandbilanz eines solchen Deltaflügels, aufgrund der erzeugten Turbulenz (=Energiverlust) erheblich schlechter im Vergleich zu einem gestreckten Flügel!!!

Die Längsstabilität - oder wo gehört der Schwerpunkt hin ???

Will man so etwas nicht nur rechnen, sondern auch fliegen, so stellt sich ziemlich schnell die Frage - wo soll der Schwerpunkt hin, damit das Gerät auch anständig fliegt?

Damit ist in der Regel das Nickverhalten des Fluggerätes um seine Querachse gemeint, anschaulich mit einem Kopfnicken zu vergleichen. Der Flieger soll sich also ruhig und gedämpft um seine Querachse bewegen und dem Höhenruderausschlägen folgen. Tut man nichts, so sollte die Fluglage sich auch nicht ändern. Um das zu erreichen, stellt man die Forderung nach einem stabilen Längsverhalten. Konkret bedeutet dies, dass nach einer Auslenkung, oder einer Richtungsänderung der Anströung ein Nickmoment wirkt, welches der Störung entgegen wirkt. Dies erreicht man, indem der Massenschwerpunkt des Flugzeuges vor den sogenannten aerodynamischen Neutralpunkt gelegt wird.

Der aerodynamische Neutralpunkt wird dabei wie folgt definiert:
Ändert sich der Anstellwinkel eines Flugzeuges, so gibt es einen gedachten Kraftangriffspunkt, den Neutralpunkt, um den das resultierende aerodynamische Nickmoment konstant bleibt.

Betrachtet man nun den Vorgang einer Anstellwinkeländerung im Detail, so passiert folgendes:

Im anderen Fall, der Schwerpunkt sei hinter den Neutralpunkt, destabilisiert der zusätzliche Auftrieb und die Fluglage wird schlagartig unkontrollierbar.

Insoweit ist also nun der Zusammenhang zwischen dem aerodynamischen Neutralpunkt (N)und dem Massen-Schwerpunkt (SWP) geklärt. Man achte also auf eine ausreichende Vorlage des Schwerpunktes, diese wird durch das sogenannte Stabilitätsmaß definiert. Dabei wird lediglich dieser Abstand (zwischen SWP und N) geteilt durch die mittlere Flügeltiefe. Somit entsteht eine dimensionslose Zahl, (z.B 0.1=10%) , welche das Stabilitätsmaß beschreibt. Hier sind Werte zwischen 5% und 10% üblich, je nach gewünschter Agilität der Gerätes. Je kleiner das Stabilitätsmaß desto weniger Ruderausschlag ist erforderlich um eine Lageänderung zu erzielen.

Somit verbleibt noch die Aufgabe die korrekte Position des Neutralpunktes zu ermitteln !!!

Hierzu wird meistens eine grafische Methode verwendet, basierend auf einer t/4-Linien Konstruktion.
Methode nach Franz Leisten 1972 !!!
www.pibros.de

Beim Einsatz eines Rechenverfahrens, welches Auftrieb- und Nickmomenten-Beiwerte ermittelt, ist die direkte Bestimmung des Neutralpunktlage wie folgt möglich:
X-Koordinate der Neuralpunktes:

Nickmoment im Neutralpunkt:

Im Gegensatz zur grafischen Methode wird hierbei nicht nur die projezierte Fläche (Ansicht von oben) betrachtet, sondern die volle dreidimensionale Aerodynamik, je nach Qualität des Rechenverfahrens berücksichtigt. Dies führt bei Konfigurationen mit ausgeprägten dreidimensionalen Strömungseffekten zu anderen Ergebnissen: Nachfolgend wird die Neutralpunktlage an einem Delta mit Winglets bestimmt. Die Abbildung zeigt die Verteilung der Oberflächendrücke (rot=hoher Druck / blau=niedrig).

Die Rechnung wurde bei einem Anstellwinkel von 5 Grad und einem Schiebewinkel von 4 Grad durchgeführt. Deutlich ist die Induktion der Wingletzirkulation auf den Flügel zu erkennen, dies geschieht aufgrund des Schiebewinkels assymmetrisch.
Die Auswertung ergibt eine Neutralpunktlage von XN= 0.0305m = 3.05cm, wobei der Nullpunkt bei 50% Wurzeltiefe angeordnet ist. Der Neutralpunkt liegt also 3.05 cm hinter der Flügelmitte. Mit Hilfe der grafischen Methode wird für diese Flügelform eine Neutralpunktlage von XN= -0.04 m ermittelt, also vor der Flügelmitte. Der Unterschied von ca. 7cm stellt entspricht hier einem Stabilitätsmaß von 14%.. In Anbetracht der Einfachheit der grafischen Methode und der für diesem Fall sehr ungünstigen Konfiguration ein akzeptables Ergebnis. Kennt man diesen Zusammenhang und legt nun den Schwerpunkt in den mit Hilfe der Grafischen Methode ermittelten "Neutralpunkt" so erhält man auf Anhieb ein gut fliegbares Gerät, was die Erfahrung auch bestätigt.